Robert Neumann – Wasserchemie

Im Vortrag wurden die für den Aquarianer relevanten Wasserwerte, deren Bestimmung, Verfahren zur Wasseraufbereitung (Umkehrosmose, Ionenaustauscher) sowie Verfahren zur CO2-Düngung behandelt. In einem laufenden Aquarium kommt es durch Stoffwechselvorgänge zu einer Veränderung der Wasserwerte, es gibt dabei aber nur wenige Parameter die evtl. einer Beobachtung durch den Aquarianer bedürfen. Die Zusammenhänge sind in folgender Skizze dargestellt:

So unterschiedlich sehen der Chemiker und der Aquarianer die Vorgänge im Aquarium.

Auch der Anfänger, der sich zunächst nicht näher mit der Wasserchemie beschäftigen möchte, sollte sich folgender Zusammenhänge bewusst sein: Pflanzen produzieren über die Photosynthese Sauerstoff und Biomasse. Der Sauerstoff wird von den Tieren im Aquarium zur Atmung benötigt, ferner ist Sauerstoff für den bakteriellen Abbau der Ausscheidungen der Fische nötig. Die Sauerstoffproduktion durch die Pflanzen ist nur dann ausreichend, wenn diese gute Wachstumsbedingungen vorfinden (genügend Licht, Nährstoffe und Kohlendioxid) und das Aquarium nicht zu stark besetzt ist. In pflanzenlosen oder schwach bepflanzten Becken mit starkem Fischbesatz muss auf andere Weise eine ausreichende Sauerstoffversorgung gewährleistet werden (Oberflächenbewegung, Durchlüftung).

Der Abbau der Ausscheidungen geschieht in einem eingefahrenen Becken über die Stufen Ammoniak, Nitrit, Nitrat. Die Zwischenprodukte Ammoniak und Nitrit sind relativ giftig und sollten in einem funktionierenden Aquarium nicht messbar sein. Zur Kontrolle eines neu eingerichteten Beckens sollte deshalb anfangs regelmäßig der Nitritgehalt gemessen werden. Wenn in einem noch nicht eingefahrenen aber bereits mit Fischen besetzten Becken Vergiftungserscheinungen auftreten, sollte ein großzügiger Teilwasserwechsel durchgeführt werden, um Ammoniak/Nitrit zu entfernen. Ammoniak liegt bei pH-Werten unter 7,5 großteils als Ammonium vor, welches weniger toxisch als Ammoniak ist. Wird bei Vergiftungssymptomen statt eines Wasserwechsels nur belüftet, weil man Sauerstoffmangel vermutet, so kann dadurch der pH-Wert steigen (Austreiben von CO2) und das Gleichgewicht verschiebt sich vom Ammonium weiter hin zum Ammoniak, was die Vergiftung verschlimmert.

Also: im Zweifelsfall Wasser wechseln!

In einem neu eingerichteten Becken können rasch stabile Verhältnisse erreicht werden, wenn etwas Filterschlamm aus einem bereits länger laufenden Aquarium eingebracht wird. Auf diese Weise stehen von Anfang an die für den Abbau bis zum Nitrat notwendigen Bakterienkulturen zur Verfügung. Die Filtermasse darf daher bei der Reinigung nur in lauwarmem Wasser teilweise augewaschen werden.  Denn der Filterschlamm beinhaltet die notwendigen Bakterienkulturen, die für den reibungslosen Stickstoffabbau bis zum Nitrat erforderlich sind. Wir brauchen also etwas „Schmutz“ im Filter! Beim Abbau des Ammoniaks zum Nitrit wird Säure frei, diese wird durch das Hydrogenkarbonat im Wasser (Karbonathärte) abgepuffert wobei CO2 freigesetzt wird. In extrem überbesetzten Aquarien mit zu wenig Wasserwechsel kann dadurch mit der Zeit das gesamte Hydrogenkarbonat aufgezehrt werden und der pH-Wert kann plötzlich in für Fische unzuträgliche Bereiche abrutschen. Durch regelmäßige Teilwasserwechsel lässt sich dies sicher vermeiden. Diese sind ohnehin nötig, da meist mehr Nitrat im Aquarium entsteht als durch die Pflanzen verwertet werden kann. Bei Aquarien mit sehr weichem Wasser empfiehlt sich ggf. eine regelmäßige Kontrolle von Karbonathärte und pH-Wert.

Anmerkung zum Rosenheimer Leitungswasser:

Das Wasser ist hart, was für den Züchter von Weichwasserfischen und -Pflanzen eine Aufbereitung (Enthärtung) erforderlich machen kann. Aufgrund seines hohen Hydrogenkarbonatgehalts und der damit einhergehenden guten Pufferung des pH-Werts ist es bei regelmäßigen Teilwasserwechseln in einem eingefahrenen Aquarium andererseits fast unmöglich kritische Verhältnisse zu erreichen, was gerade den Einsteigern in unser Hobby entgegenkommt.

Bei niedrigen pH-Werten entsteht aus den organische Abfällen Ammonium (NH4+). Dieses wird von den Aquarienpflanzen aufgenommen. Es kann nicht zu einer Ammoniak-Vergiftung kommen. Bei hohen pH-Werten entsteht hochgiftiger Ammoniak (NH3). Aus Ammoniak entsteht Nitrit (NO2-). Dieses ist bereits in geringen Mengen giftig für die Fische. Aus Nitrit entsteht Nitrat (NO3-). In geringer Konzentration wird Nitrat von Wasserpflanzen als Nährstoff aufgenommen. Erst in hoher Konzentration ist es giftig für die Fische und meist Ursache für erhöhtes Algenwachstum im Aquarium. Der biologische Abbau wird durch Mikroorganismen durchgeführt, die im Filter und im Bodengrund mit anderen Kleinstlebewesen eine komplexe Lebenseinheit bilden. Deshalb dürfen Filtermaterial und Bodengrund niemals heiß oder gar mit Chemikalien gereinigt werden.


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